„Die Filmförderung muss diverser werden“

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Kevin, stell‘ dich doch mal kurz vor.

Ich bin Kevin Zindler und 2010 habe ich angefangen für verschiedene Websites und Online-Zeitungen zu arbeiten, habe da Kritiken und so weiter verfasst und dann irgendwann habe ich angefangen, Bücher zu schreiben, habe dann einen eigenen Podcast – den „Cine Entertainment Talk“ Podcast – gegründet mit meinem Freund Florian Wurfbaum, der mittlerweile sehr erfolgreich in Deutschland ist, und hab dann auch angefangen, selber als Produzent Filme zu produzieren. Wir haben einen eigenen Verlag gegründet: den WUZI-BOOKS Verlag. Außerdem bin ich auch Mitbegründer des „Art of Horror“ Magazins – das ist ein Horror-Film-Magazin, welches es jetzt seit Anfang 2020 gibt, und schreibe natürlich auch für die Zeitschrift mit.

Was genau beinhaltet denn diese Filmförderung? Also, wer fördert einen Film und nach welchen Kriterien wird überhaupt ein Film ausgesucht, der dann wirklich gefördert wird?

Es gibt verschiedene Filmförderanstalten, zum Beispiel hat ja jedes Bundesland Filmförderanstalten und die fördern Filme. Um eine Förderung zu bekommen, muss man einen Antrag stellen. Man hat also eine Idee, muss dann etliche Formulare ausfüllen und das dann einreichen. Dann kann man zum Beispiel eine Drehbuchförderung bekommen. Wenn man Drehbuchförderung bekommt ist es dann auch sehr wahrscheinlich, dass man dann eventuell auch den Film gefördert bekommt. Die Sache ist die: Meistens bekommt man Förderung, wenn man schon mal Förderung bekommen hat. Also, wenn man erstmal drinnen ist, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass man auch später nochmal Förderung bekommt. Und man muss eben Stoffe einreichen, die, zumindest in Deutschland, die die Gremien auch gut finden. Das sind meistens komödiantische Sachen, problembehaftete Filme, also 2.-Weltkriegs-Drama oder allgemein Dramen und so weiter. Auch im deutschen Kino siehst du ja immer wieder Komödien. Die haben größere Chancen als zum Beispiel Genres wie Action und Horror. Es gibt zwar aus Deutschland welche, aber versteckt, die mit anderen Ländern koproduzieret werden. Damals die „Resident Evil“ Filme waren deutsche Filme wurden von Bern Eichinger produziert, aber viele wissen gar nicht, dass das deutsche Filme waren. Das waren deutsche Filme, weil die mit deutschem Geld finanziert worden sind, aber unter dem Deckmantel eines internationalen Films. Wenn man sagen würde „Deutscher Film“, hätte der sowieso einen schlechten Ruf – auch bei den Kinozuschauern. Auch teilweise zurecht. Dann macht man sich seinen eigenen Film kaputt. Aber generell als rein deutschen Film, der jetzt keine internationale Zusammenarbeit hat, gibt es halt nicht viele Action-Filme, Horror-Filme oder Fantasy-Filme. Die wirst du kaum finden in Deutschland, es sei denn, sie sind Independent, also privat finanziert worden und nicht gefördert. Und geförderte Filme sind meist Dramen, Komödien. Filme, die eben halt auch dann später bei den Öffentlich-Rechtlichen und so laufen.

Du meintest ja eben, dass man leichter reinkommt, wenn man schon mal irgendwie, wenn man schonmal gefördert wurde. Darunter fallen vermutlich zum Beispiel jetzt Til Schweiger, Matthias Schweighöfer, Constantin Film, die ganzen bekannten Sachen. Aber wie kriegt man eigentlich diesen Fuß in die Tür, also wie kann man es da schaffen, dass man überhaupt erstmal reinkommt?

Indem man immer wieder Sachen einreicht und dann das Glück hat, dass man irgendwann gefördert bekommt. Es werden meistens Filme gefördert, die FSK 6 oder FSK 12 sind, damit die später auch im Fernsehen ausgestrahlt werden können. Die Filmförderanstalten arbeiten mit den Öffentlich-rechtlichen zusammen sind natürlich daran interessiert, die Filme, die dann im Kino laufen, auch später im eigenen Programm auszustrahlen. Den Fuß reinkriegen – wie gesagt – das kann man letzten Endes nur, indem man immer wieder einreicht und das Glück hat, dass irgendetwas gefördert wird. Aber man muss eben die Gremien und die Leute, die da sitzen, überzeugen. Es gibt ja zum Beispiel viele Filmstudenten und so weiter, die jetzt in München oder so studieren, die gerne zum Beispiel Action machen würden, aber die dann später irgendwie bei ARD und ZDF den Bergdoktor machen. Aber das wollen die gar nicht! Das ist ein schöner Job, keine Frage, aber die wollen eigentlich was Anderes machen. Aber die wissen, dass die damit keine Chance bekommen.

Du hast bereits einige Kritik an der jetzigen Filmförderung angesprochen. Aber kommt denn auch von anderer Seiten, z.B. aus der Politik, Kritik an der Filmförderung. In welcher Form und von wem wird denn noch Kritik geübt? Welche Punkte gibt es denn da noch?

Also, von der Politik wirst du kaum Kritik bekommen. Die sind ja quasi auch teilweise wieder in den Gremien mit drin, weißt du. Das ist ja wie bei den Öffentlich-rechtlichen oder bei der GEZ. Also, niemand wird jemals GEZ abschaffen wollen, zum Beispiel. Obwohl es ja auch teilweise fragwürdig ist.

Kritik kommt so von Leuten wie mir, die immer wieder Förderanträge stellen. Es soll ja auch nicht jeder Film gefördert werden. Wenn ein Film nicht gut ist, dann ist er nicht gut. Aber du siehst eben, dass wirklich gewisse Leute ausgeschlossen werden und gewisse Themen, also alles, was mit Genre zu tun hat wird fast komplett ausgeschlossen. Es gibt Ausnahmen. Aber das sind immer dieselben Leute, Wim Wenders und so weiter. Und Wim Wenders hat noch nie einen Kassenhit gemacht. Der hat noch nie große Zuschauerzahlen erreicht. Der kriegt für jeden Film eine Förderung, obwohl die Filme keiner guckt. Und den siehst du dann in Cannes.

In Kanada ist es zum Beispiel gut, da hast du damals für jeden Dollar, den du ausgebe hast, 50 Cent zurückbekommen. Ich glaube, jetzt sind es noch 30 Prozent. Da sind viele Filmschaffende – wie zum Beispiel Uwe Boll – auch nach Kanada gegangen, weil sie da halt zumindest steuerlich entlastet worden sind. Du hast da ja in dem Moment, in dem du einen Film gedreht hast, auch Arbeitsplätze geschaffen. Das ist zum Beispiel auch ein System, das ich besser finden würde hier in Deutschland. Gibt’s aber auch nicht.

Erwartest du jetzt nicht irgendwie ein Umdenken in der Politik hin zu einer diversen Filmförderung, also dass auch mal andere Genres gefördert werden?

Genau. Also, ich finde an sich die Filmförderung gut. Und, man muss ja auch bedenken: Deutschland ist der Erfinder des Genre-Films. Die deutsche Industrie vor dem 2. Weltkrieg, war ja eine der größten Industrien überhaupt auf der Welt. Und dann wurde es ja immer weniger. 60er, 70er lief es noch gut, aber meistens innerhalb Deutschlands. Und als dann ab den 80ern die großen Kinofilme kamen, die ganzen Spielberg-Filme, dann haben die deutschen Filme kaum noch eine Rolle gespielt, zumindest international gar nicht mehr. Und das ist schade. Ich würde mir wünschen, dass in den Gremien, die das entscheiden, nicht nur Politiker oder irgendwelche Leute sitzen, die da schon seit 50 Jahren sitzen, sondern dass da jeder sitzt. Also, dass ist ein breites Spektrum an Leuten, die dort sitzen und entscheiden, wer Förderung bekommt und wer nicht. Und nicht nur Leute, die letzten Endes mit Filmen gar nicht wirklich was zu tun haben. Ich erwarte, dass die Filmförderung einfach wieder gerecht, offen und divers ist. Dann würde es auch ganz andere Entscheidungen geben und dann würde es ganz andere Filme aus Deutschland im Kino zu sehen geben.

Kevin Zindler mit einem seiner Bücher, Bildquelle: privat
Désirée L

Von Désirée L

...liebt Kaffee, Bücher und gute Musik. Wenn sie nicht gerade für politikjam schreibt oder sich politisch engagiert, studiert sie Politikwissenschaft, Literaturwissenschaft und Journalismus.

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